Gezielt jene zu stützen, die bei den derzeitigen Preissteigerungen selbst nicht mehr stehen können, das ist auch für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft entscheidend, kommentiert Ann-Kathrin Büüsker. Im Moment gebe es aber nur ein Flickwerk an Vorschlägen. Es werde Zeit, dass die Ampel das klärt.
2,4 Cent pro Kilowattstunde Gas: So hoch wird die Gasumlage ab Oktober. Die Kosten einiger Konzerne für die Beschaffung von Gas werden dann auf alle Kundinnen und Kunden umgelegt. Seit heute wissen wir, welche Unternehmen von dieser solidarischen Umverteilung der Mehrkosten Gebrauch machen – die Trading Hub Europe hat eine entsprechende Liste veröffentlicht. Darunter sind Unternehmen, die in den vergangenen Monaten durch die Energiepreiskrise richtig Geld gescheffelt haben. Zum Teil melden die Konzerne wie die OMV Aktiengesellschaft für dieses Jahr Rekordergebnisse. Trotzdem dürfen sie ihre gestiegenen Kosten für die Beschaffung von Gas jetzt auf die Allgemeinheit umlegen. Die Gaskundinnen in Deutschland sorgen ab Oktober also dafür, dass die Renditen der Aktionäre nicht geschmälert werden. Ist das gerecht? Definitiv nicht. Besser wäre es gewesen, gezielt die Unternehmen mit Steuergeld zu unterstützen, die durch die Gasmehrkosten wirklich in finanzielle Schieflage geraten sind – und für unsere Versorgung entscheidend sind – siehe Uniper.
Gezielt jene zu stützen, die bei diesen Preissteigerungen selbst nicht mehr stehen können, das ist jetzt auch bei Privathaushalten entscheidend, auch für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Nicht nur jene, die ohnehin zu wenig zum Leben haben, kommen jetzt in richtig schwieriges Fahrwasser – eng wird es jetzt auch für alle knapp über der Armutsschwelle. Rentnerinnen und Rentner, die nach einem Leben voller Arbeit eine kleine Rente haben – die angesichts der Mehrkosten nicht mehr reicht. Familien, deren Einkommen für den Alltag gerade so genügt, aber eben nicht genug ist, um Rücklagen zu bilden, die jetzt über die schwierige Zeit helfen könnten. Es sind die Leistungsträgerinnen und Leistungsträger im unteren Lohnsegment, die jeden Tag in teils systemrelevanten Jobs schuften, deren Einkommen jetzt nicht mehr reicht. Diese Menschen davor zu schützen, in die Armut abzurutschen, ist eine der dringendsten Aufgaben der Bundesregierung – und so richtig scheint es dafür auch weiterhin keine Ideen zu geben.
Ein Flickwerk an Vorschlägen steht im Raum, das entweder nur Teilgruppen entlastet oder gleich die Gießkanne über allen auskippt. So ist etwa das Inflationsausgleichsgesetz von Finanzminister Christian Lindner grundsätzlich ein richtiger Ansatz, aber zum falschen Zeitpunkt – gerade jetzt die größeren Entlastungen für diejenigen mit höheren Einkommen und Rücklagen ins Spiel zu bringen, ist in etwa so fair wie eine Gasumlage für Konzerne mit Rekordgewinnen.
Die Energiepreispolitik ist gerade ein in sich nicht schlüssiges Stückwerk, auch weil die Koalitionäre alle sehr unterschiedliche Vorstellungen zu haben scheinen. Wird Zeit, dass die Ampel das klärt – und zwar lösungsorientiert im Gespräch miteinander, nicht mit Gerede in Interviews übereinander. Liebe Ampel, macht es wie bei den Sondierungen, schließt euch eine Woche weg, haltet Funkdisziplin und kommt am Ende mit einem schlüssigen Konzept da raus – es drängt.